Comic und Politik: Die ComFor auf dem 14. Internationalen Comic-Salon in Erlangen

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Der Internationale Comic-Salon in Erlangen ist für den deutschsprachigen Raum die bedeutendste Publikumsveranstaltung zur „Neunten Kunst“. Auf dem 14. Salon, der vom 3. bis 6. Juni 2010 stattfindet, wird auch die ComFor Gelegenheit haben, ihre Ziele und Projekte einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Sie fügt damit den — oder besser: die — Blickwinkel der Forschung ein in das bunte Spektrum der Zugänge zum Comic, das der Erlanger Salon mit seiner Verlagsmesse, mit Kunstausstellungen, Sammlerbörsen und cineastisch-theatralischem Rahmenprogramm seit 1984 abbildet.

Bereits auf dem 13. Salon im Mai 2008 hatte sich die ComFor erstmals mit einem Talk-Podium präsentiert.   Dieses Mal nun tritt sie mit gleich sechs Referenten im Vortragsprogramm auf, wo sie eine eigene Themen-Schiene bestreitet: Das Spannungsfeld „Comic und Politik“ soll — verteilt auf drei Doppel-Vorträge mit jeweils anschließendem Podiumsgespräch — aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Die Vortragenden wollen dabei den akademischen Anspruch ihrer Fachgebiete wahren, zugleich aber einen publikumsorientierten Zugang bieten. Hierfür sichten und bewerten sie anhand zahlreicher Bildbeispiele ihre Materialsammlungen, die nicht nur für Laien, sondern auch für Comic-Fans und -Fachleute viel Unbekanntes und Unerwartetes bereithalten: Material zur Bildpropaganda rechtsextremer Sub- und sozialistischer Staatskulturen, zur Instrumentalisierung des Comic durch Kirchen und Parteien, aber auch zum Gedächtnis an den moralischen Tiefstpunkt politischen Handelns — den Holocaust.

Alle drei Vortragsblöcke finden im Trauungssaal des Erlanger Rathauses statt. Einen herzlichen Dank für die großzügige und konstruktive Zusammenarbeit möchte die ComFor an dieser Stelle dem Kulturprojektbüro der Stadt Erlangen und seinem Leiter Bodo Birk aussprechen.

Block 1: Comics totalitär
(Freitag, 04. Juni, 14:00 – 16:00 Uhr)

Braune Comics?! Bilder vom rechten Rand der Gesellschaft
Ralf Palandt

Neben Rechts-Rock setzt die rechte Szene auch Comics ein – in Schülerzeitungen und Fanzines, in Parteizeitungen und Booklets von Rechts-Rock-CDs sowie auf Flugblättern. Diese Comics können Hass und Aggressionen schüren und zu Gewalt-Aktionen führen. Anhand von Beispielen zeigt Ralf Palandt, wie die Bildgeschichten rechtsextremistische und antisemitische Feindbilder aufbauen.

Geballte Faust und rotes Herz. Politische Comics in der DDR
Guido Weißhahn

In der staatlich gelenkten Presse der DDR wurden auch die dort erscheinenden Comics und Bildgeschichten für politische Bildung und sozialistische Erziehung instrumentalisiert. Anhand zahlreicher Beispiele wird illustriert, wie sowohl das jeweilige politische Makro-Klima als auch die Schere im Kopf des einzelnen Chefredakteurs Inhalt und Umfang politisch-propagandistischer Comics in Kinderzeitschriften und Illustrierten beeinflussten.

Im Anschluss Gespräch; Moderation: Clemens Heydenreich

Block 2: Erinnern und erziehen
(Samstag, 05. Juni, 11:00 – 13:00 Uhr)

Über „Maus“ hinaus. Holocaust und NS-Verbrechen im Comic: Von Berni Krigsteins „Master Race“ bis Mikael Holmbergs „26. november“
Martin Frenzel

Neuerdings entdeckt das Feuilleton das Genre der Holocaust-Comics, kommt aber meist über Art Spiegelmans „Maus“ oder Eric Heuvels Schülercomics „Die Suche“ und „Die Entdeckung“ nicht hinaus. Der Vortrag will den Blick für die Vielfalt des Genres weiten und spannt daher den Bogen von Berni Krigsteins „Master Race“ (1955) bis Mikael Holmbergs „26. november“. Auch widmet sich Martin Frenzel der Frage: Darf man die europäische Judenvernichtung, die Shoah, überhaupt im Comic darstellen?

Geschichtscomics als Teil innovativer Holocaust-Education
René Mounajed

Mit Comics kann man Schule machen – auch im Geschichtsunterricht. Nicht nur, aber auch zum Thema Nationalsozialismus bietet sich ein Einsatz von Geschichtscomics an, weil sie einerseits das Thema konkretisieren, andererseits aber auch überformen und so für die Schülerinnen und Schüler einen gelungenen Zugang zum Thema und ein emotionales Ventil bieten. Im Vortrag kommen neben theoretischen Erwägungen und pragmatischen Ideen auch erste empirische Erfahrungen zur Sprache.

Im Anschluss Gespräch; Moderation: Clemens Heydenreich

Block 3: Mediale Meinungskämpfe
(Sonntag, 06. Juni, 11:00 – 13:00 Uhr)

Asterix und die FDP. Propaganda per Comic
Heiner Jahncke

Seit es Comics gibt, wird ihre Anschaulichkeit für propagandistische Zwecke genutzt. Auch in Deutschland und bereits zu Zeiten, als das Medium Comic hier noch bekämpft oder zumindest skeptisch beurteilt wurde, haben Parteien, Kirchen und andere Organisationen oder Gruppen es für ihre Zwecke genutzt. Der Dia-Vortrag zeigt viele, oft sehr seltene Beispiele aus rund 100 Jahren, von ganz links bis ganz rechts, von „offiziell“ bis „obskur“.

Comic von und gegen Rechts in Österreich
Harald Havas

Seit die stark rechtsgerichtete Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unter Hans-Christian Strache unter anderem auch Comics als Medium der Propaganda für sich entdeckt hat, formiert sich die österreichische Comic-Szene zum Widerstand. Mit mittlerweile einer ganzen Bandbreite an auch öffentlich breit wahrgenommenen und unterstützten Aktivitäten rund um die Website www.comicsgegenrechts.at – Vortrag mit audiovisueller Unterstützung.

Im Anschluss Gespräch; Moderation: Clemens Heydenreich

(Clemens Heydenreich)

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