Die 5. jährliche Wissenschaftstagung zum Thema Bilder des Comics. Visualität, Sequenzialität, Medialität fand im November 2010 an der Universität Gießen statt. Nun ist eine Auswahl der Beiträge in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Medienobservationen online erschienen.
Comics können oft, wenn vielleicht nicht immer als ein ‚Erzählen in Bildern‘ verstanden werden. Bereits die 4. Jahrestagung der ComFor hatte sich 2009 mit dem Erzählen im Comic auseinandergesetzt. Schnell wurde dabei in produktiver Weise problematisch, wie weit das, was Bilder auf der Comicseite miteinander machen, durch eine Rückführung allein auf die Narration eingeholt werden kann. Die nächste ComFor-Jahrestagung stellte daraufhin gezielt die Frage nach dem anderen Pol jener Gleichung: Die nach den Bildern des Comics.
„Visualität, Sequenzialität, Medialität“ von Comics rückten damit ins Zentrum der Diskussionen, zu denen der Veranstalter und Gastgeber Jörn Ahrens nach Gießen eingeladen hatte. Die verschiedenen Beiträge widmeten sich Comics als Semantiken der Moderne, die der Sinn- und Bedeutungsgebung im Zuge kultureller ‚turns‘ zum größeren Bilderreichtum neue Formen zur Verfügung stellen; Comics als Visualisierungen von Gesellschaft, die soziale Darstellungen und Kritik nicht nur ermöglichen, sondern sich auch die Bilder gesellschaftlicher Diskurse aneignen und neu wenden; sie widmeten sich der Geschichte des Bildes im Bild, durch die Comics nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern die visuelle Geschichte ihrer ebenso wie vergangener Bildwelten archivieren; und nicht zuletzt den Formen und Poetiken der Bildlichkeit, die die besondere Ästhetik der großen Juxtaposition von Bildern in Panelkombinationen beschreibbar machen sollen.
Die Medienobservationen und die ComFor freuen sich, eine Auswahl der Beiträge in einer kleinen Sonderausgabe präsentieren zu können. Den Anfang macht Thierry Groensteen, der — hier erstmals in deutscher Übersetzung — den Begriff des Rhythmus an der Bildersprache des Comics ausprobiert. Dietrich Grünewald geht den Möglichkeiten der ‚textfreien Bildergeschichte‘ nach. Lino Wirag fordert indessen eine Produktionspoetik des Comics. Arno Meteling betrachtet an Splash Pages Elemente des Wunderbaren in erzählenden Bildern, während Stephan Packard auf die Entwicklung der comichaften Wahrnehmung von Bildern in Lichtenbergs Hogarth-Kommentaren schaut. Narratologische Fragen im engeren Sinne stellt Kristin Eckstein an shôjo-Manga, deren Zeitdarstellung sie an zahlreichen Beispielen aufzeigt, und Martina Hertrampf schließlich untersucht an Paco Rocas Arrugas (2007) die bildliche Darstellung von schwer Sagbarem.
Allen Beiträgerinnen und Beiträgern, Diskutantinnen und Diskutanten ist nochmals herzlich zu danken; ebenso wie der Redaktion der Medienobservationen für die schöne Zusammenarbeit.
(Stephan Packard)