Institut für Geschichte, Universität Wien, 28. bis 30. November 2014
Veranstalter: Stefan Zahlmann
Deadline: 30. April 2014
Ziel unseres Projektes ist, das Fantasy-Genre als intermediales Phänomen des 20. und 21. Jahrhunderts aus kulturwissenschaftlicher Perspektive zu profilieren. Fantasy ist zu verbreitet, zu allgegenwärtig im alltäglichen Medienkonsum, um unbesehen und unhinterfragt zu bleiben. Der Darstellungs- und Analyseschwerpunkt liegt in diesem Projekt auf einer breiten ideen- und motivgeschichtlichen sowie wissenschaftstheoretischen Kontextualisierung von Fantasy, deren genrespezifische Charakteristika mit ihren unverwechselbaren Darstellungs- und Deutungsmodi gleichwohl zentraler Bestandteil der Analyse sein sollen.
Angesichts der Milliardenumsätze, die multimediale Produkte des Fantasy-Genres generieren, erstaunt der Umstand, dass die Wissenschaft bislang nur in begrenztem Umfang versucht hat, Antworten auf die Fragen „Was ist Fantasy? Und was bedeutet Fantasy – und wem?“ zu geben.1 In der Praxis finden sich z.B. bei J.R.R. Tolkien, der dem Genre zum Durchbruch in den multimedialen Mainstream verhelfen sollte, zwar formulierte Vorstellungen, was Fantasy bedeutet („Faërie: the Perilous Realm itself, and the air that blows in that country.“2 – „Faërie itself may perhaps most nearly be translated as magic […].“3), von einer klaren Definition sind diese Aussagen, die dem Magischen genrekonstituierende Qualität zuschreiben, allerdings weit entfernt und können kaum eine Grundlage für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Fantasy-Genre bieten.
Fantasy wird von uns als Simulacrum vielfältiger Lebens- und Medienrealitäten verstanden, das in kulturwissenschaftlichen Motiven seine synchronen wie diachronen Vergleichsmuster findet. Die Konferenz und die daraus resultierenden Publikationen – denn die Veranstaltung soll auch als Katalysator für die Gründung einer wissenschaftlichen Buchreihe zu Fantasy Studies dienen – haben eine theoriegeleitete Implementierung der „Fantasy-Wissenschaft“ als interdisziplinäres Forschungsfeld im deutschsprachigen Raum – analog zu den bereits etablierten Science-Fiction-Studies – zum Ziel.
Die für November 2014 in Wien geplante Konferenz soll die von Herausgebern und Verlag konzipierte inhaltliche Struktur konkretisieren und Anschlussmöglichkeiten zwischen den einzelnen Beiträgen aufzeigen. Als konzeptioneller Leitfaden dienen die jeweils aus einem sich ergänzenden Begriffspaar gebildeten Bereiche „Identität – Umwelt“, „Mythos – Magie“ und „Macht – Gewalt“.
Diese Kategorien sollen als Aspekte der Fantasy untersucht, und damit mögliche Implikationen für die Kulturwissenschaft dargestellt werden. Die Beiträge reflektieren spezifische Merkmale der Fantasy im Licht jeweils eines der vorgeschlagenen Begriffspaare und zeigen deren analytisches Potential im Kontext medien- und kulturtheoretischer Fragestellungen auf.
1.) Die Kategorie „Identität – Umwelt“ würdigt den Menschen als Teil seiner sozialen wie materiellen Umgebung und fragt nach Zusammenhängen des „Selbst“ und des „Anderen“ im Kontext der Fantasy. Eine Auswahl mögliche Themen: Eskapismus und virtuelles citizenship; Rassismus als mediale Konstante der Moderne; Heldenreise – Heldenbiographie; Kettenbikini und Lendenschurz; Fantasywelten als locus amoenus; Worldbuilding und Konstruktivismus.
2.) Der Themenkomplex „Mythos – Magie“ beschäftigt sich mit den genrekonstituierenden Narrativen der Fantasy, die den jeweiligen Realitätenkonsens und also die Realität des Narrativs selbst definieren. Mögliche Themen: Magie, Esoterik und Wissenschaft; das Magische im Kultischen; mythische Stoffe; Magie und Moderne; Animismus und Moderne.
3.) Die Gewalttätigkeit vieler Fantasyerzählungen erfüllt die Funktion kritischer
Auseinandersetzung mit der Gewaltförmigkeit modernen Staatlichkeit. Fragen nach den „polymorphen Techniken der Macht“4 stellt die Fantasy häufig unter Rückgriff auf an historische Vorbilder angelehnte Gesellschaftsmodelle. Mögliche Themen des Komplexes „Macht – Gewalt“: Rezeption und Deutungsmacht des Lesers; Helden durch Gewalt; virtuelle Gewalt(en); Feudalismus als antimoderner Entwurf.
Der Fantasy als intermedialem Phänomen kann nur ein interdisziplinärer Zugang gerecht werden. Beiträge verschiedener geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlicher Richtungen sind daher willkommen. Neben diesem Schwerpunkt sind künstlerisch-kreative Beiträge, die der wissenschaftlichen Zielsetzung der Bände dienen, ebenso ausdrücklich erwünscht wie solche, die außereuropäische oder genreübergreifende Aspekte des Themas darstellen.
Bitte schicken Sie eine Kurzbiografie sowie ein Abstract zu ca. 400 Wörtern 30. April 2014 an thomas.walachunivie.ac.at.
Kontakt:
Thomas Walach-Brinek
Universität Wien, Institut für Geschichte, Universitätsring 1, 1010 Wien
thomas.walachunivie.ac.at