CFP: Sequentielle Kunst und Katastrophen. Comic, Manga, Graphic Novel

Conference
Université Paris 3 Sorbonne Nouvelle
11. bis 13. Februar 2016
Organisation: Charlotte Krauss (Freiburg) und Françoise Lavocat (Paris)
Stichtag: 30.06.2015

Ist die sequentielle Kunst – Comics, Mangas, Graphic Novels – in unserer Zeit ein bevorzugtes Mittel, um über Katastrophen zu berichten und/oder die Erinnerung an diese zu vermitteln?

Natürlich haben schon im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege zu Werken angeregt, die in den 1970er und 1980er Jahren entstanden und heute zu Klassikern geworden sind (wie etwa Maus oder Barfuß durch Hiroshima). Seit der Jahrtausendwende jedoch (und vielleicht seit dem 11. September, den Spiegelman in einem weiteren Werk verarbeitete) intensiviert sich das Phänomen offenbar. Zur gleichen Zeit scheint der Trend der journalistischen Comics (die Werke Joe Saccos etwa oder die von Guy Delisle) der neunten Kunst endgültig eine Kompetenz für ernste Themen eröffnet zu haben – unter anderem für Katastrophen.

Davon sind Katastrophen ganz unterschiedlicher Art betroffen: historischeKatastrophen, wie die Genozide in Ruanda und in Kambodscha oder der israelisch-palästinensische Konflikt, Naturkatastrophen, wie der Tsunamiim Indischen Ozean 2004 und der in Japan 2011 oder der Hurrikan Katrina,nukleare Katastrophen, wie die von Tschernobyl (die von mehreren Werken behandelt wird).

Indem sie mit der Harmonie oder der Dissonanz von Text und Bild spielen, auf verschiedene Zeichenstyle zurückgreifen (etwa schwarz/weiß und Farbe gegenübersetzen, Fotos integrieren oder verschiedene Schrifttypen verwenden) oder indem sie verschiedene Erzählebenen verwenden, berichten diese Werke von nahen oder fernen Ereignissen mit mehr oder weniger Objektivität, und sie nutzen die ganze Spannbreite vom dokumentarischen bis hin zum romanhaften Stil. Der Comic können ein persönliches Erlebnis aufnehmen oder sogar zur Vergangenheitsbewältigung beitragen; sie können reale oder fiktionale Zeugen zu Wort kommenlassen, um von Katastrophen zu berichten, von denen manchmal nur wenige materielle Beweise existieren (so verfolgt Igort in Quaderni ucraini das Ziel, späte Zeugenberichte der ukrainischen Hungersnot der 1930er Jahre aufzuzeichnen und anschaulich zu machen). Manche Katastrophen werden aus der Innensicht von den Zeugen selbst beschrieben, andere aus der Außensicht von fremden Besuchern. Manche haben weltweite Beachtung gefunden, andere sind mit zeitlicher Entfernung in Vergessenheit geraten (das ist etwa der Fall des Bruchs der Talsperre von Malpasset nahe Fréjus,der sich 1959 ereignete und zum Thema einer 2014 erschienenen Graphic Novel von Corbeyran und Horne wurde).

Die Tagung hat folgende Ziele: 1) ein Genre in weltweiter Perspektive zu erfassen und zu kartographieren, 2) es von einem formellen, historischen,gesellschaftlichen und kulturellen Blickpunkt aus zu analysieren, 3) dieFacetten der Intermedialität in den Werken selbst und in Oppositionzu anderen Genres und anderen Medien zu erforschen.

Eine komparatistische Perspektive soll bevorzugt werden, ob sie nun den einzelnen Vorträgen zugrunde liegt oder aus der Tagung entsteht. Beispielsweise können verschiedene Graphic Novels aus unterschiedlichen Kulturkreisen betrachtet werden, die derselben Katastrophe gewidmet sind.Auch die Vermarktung und die Rezeption der Werke kann berücksichtigwerden. Schließlich soll die Frage gestellt werden, dank welcher formeller und stilistischer Charakteristika dieses Medium bzw. bestimmte Werke sich als Mittel der Information, der politischen Kunst oder der Erinnerung durchsetzt.

Arbeitssprachen sind Französisch und Englisch.

Vorschläge (etwa 250 Wörter) für etwa 30-minütige Vorträge werden bis zum 30. Juni 2015 parallel an folgende Adressen erbeten:
charlotte.krauss@igk1956.uni-freiburg.de und francoise.lavocat@univ-paris3.fr

More information:
http://www.univ-paris3.fr/ea-172-centre-d-etudes-et-de-recherches-comparatistes-cerc–74.kjsp

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