CFP: Väter und Söhne

Publikation
Expressionismus Ausgabe 11/2020
Herausgegeben von Kristin Eichhorn und Johannes S. Lorenzen
Neofelis Verlag
Stichtag: 01.07.2019

Als avantgardistische und vor allem neue und ‚junge‘ Bewegung setzt expressionistische Kunst in vielerlei Hinsicht auf die Abgrenzung von ‚älteren‘ Vorbildern und bürgerlichen Auslegungen von Kunst und Ästhetik. Damit verbunden ist nicht zuletzt die Absetzung von der Weltsicht und Lebensweise der eigenen Elterngeneration – in der Regel äußert sie sich wortstark in der Auseinandersetzung von Söhnen mit ihren Vätern.

Besonders im expressionistischen Drama sind Handlungen, in denen Vater-Sohn-Konflikte ausgehandelt werden, keine Seltenheit und werden bis in die späten 1920er Jahre oft aufgeführt. Werke wie Walter Hasenclevers Drama Der Sohn (1916), Hans Henny Jahnns Pastor Ephraim Magnus (1919) oder Arnolt Bronnens Vatermord (1920) geben bereits in ihren programmatischen Titeln die Thematik vor und vermitteln das Bild vom unterdrückenden Vater, von dem sich der Sohn notfalls mit Gewalt ablösen muss. Dabei wird die Vaterfigur oft metonymisch gleichgesetzt mit bürgerlichen Instanzen wie Staat, Unternehmertum, Militär oder auch Kirche und Rechtssystem und im Konflikt mit der Figur des Sohnes werden die Weltanschauungen und Machtdiskurse der damaligen Zeit zugespitzt und radikal durchexerziert.

Nicht zuletzt liegen den künstlerischen Behandlungen des Themas häufig aber auch reale, biographische Kontexte zugrunde (man denke an die Werke Franz Kafkas und besonders an den Brief an den Vater) oder es wird eine direkte Anknüpfung an die frühen Topoi der Psychoanalyse Sigmund Freuds vorgenommen, was besonders dem Wirken des Freud-Schülers Otto Gross geschuldet ist, der in Essays in der Zeitschrift Die Aktion bereits sehr früh Ansätze für eine spätere, feministische Kritik an der patriarchalen Grundauslegung der Gesellschaft vorgab und schlussendlich selbst als ‚fehlgeleiteter Sohn‘ von seinem leiblichen Vater aufgrund seiner Schriften und Ideen in eine psychiatrische Anstalt gesperrt wurde.

Das Themenheft möchte sich diesem Problemfeld in all seinen Facetten eingehender widmen. Auf der einen Seite gilt es die Behandlung von Vater-Sohn-Beziehungen in den diversen Kunstrichtungen exemplarisch zu eruieren und auf ihre vielschichtigen symbolischen, aber auch gesellschaftskritischen Verknüpfungen hin zu untersuchen. Auch Gegenerzählungen harmonischer Vater-Sohn-Verhältnisse können Beachtung finden. Auch kann das Augenmerk  auf (künstlerischen) Vater-Sohn-Beziehungen liegen. Daneben bestünde eine reizvolle Aufgabe darin, die expressionistischen Vater-Sohn-Konflikte hinsichtlich ihrer Parallelen zu früheren Kunstrichtungen und -stilen in den Blick zu nehmen bzw. sie mit späteren Behandlungen dieses Themas wie e. o. plauens berühmter Comic-Reihe Vater und Sohn zu kontrastieren. Auch eine Gegenüberstellung mit den Vater-Sohn-Konflikten in späteren Texten der sogenannten 68er-Generation wie beispielsweise Bernward Vespers Die Reise (1977) oder sozialpsychologische Untersuchungen von Machtdiskursen und Männlichkeitsentwürfen in Kunstwerken und Narrationen jener Zeit sind denkbar.

Abstracts zu den oben genannten, aber gerne auch anderen thematisch einschlägigen Aspekten von nicht mehr als 2.000 Zeichen senden Sie bitte bis zum 1. Juli 2019 an eichhorn@neofelis-verlag.de und lorenzen@neofelis-verlag.de. Zudem werden unabhängig vom Thema des Hefts auch immer Vorschläge für Rezensionen oder Diskussionsbeiträge zu aktuellen Forschungsdebatten entgegengenommen, die Phänomene der aktuellen Expressionismus-Rezeption vorstellen und besprechen.

Die fertigen Beiträge sollten einen Umfang von 20.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen und Fußnoten) nicht überschreiten und sind bis zum 1. Dezember 2019 einzureichen. Das Heft erscheint im Mai 2020.

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