June 25 - 27, 2020
Literatur und Comic sind auf je spezifische Weise ‚Zeitkünste‘, weil sie Handlungen entfalten, Erzählzeit und erzählte Zeit kreativ zusammenfallen lassen oder kontrastieren können und zeitliche Abläufe narrativ bzw. im Comic zusätzlich visuell-räumlich darstellen. Dabei sind sie keiner einfachen Chronologie unterworfen, sondern können Analepsen und Prolepsen einsetzen und Fragmentierungen, Überlagerungen und Gleichzeitigkeiten evozieren. Vor allem bei der Darstellung ‚anderer‘ Erfahrungen wie der von Krankheit oder Behinderung spielen Zeitwahrnehmungen, die von einer ’normalen‘ chronometrischen Zeit abweichen, eine zentrale Rolle: Angesichts tiefgreifender körperlicher oder psychischer Veränderungen kann Zeit sich subjektiv dehnen oder zusammenziehen, Vergangenes gewaltsam in die Gegenwart einbrechen oder die Endlichkeit des Lebens in den Blick geraten.
Der Workshop widmet sich diesen Eigenzeiten des Körpererlebens und fragt nach ihren je spezifischen Darstellungsmöglichkeiten in den beiden Medien Literatur und Comic. Auf welche Weise kommen ‚andere‘ Zeiterfahrungen in den Blick oder zur Sprache und welche ästhetischen, individuellen und gesellschaftspolitischen Bedeutungen des Zeiterlebens werden dabei vermittelt? Wir freuen uns auf Vorträge zu literarischen Texten oder Comics; vergleichende Beiträge sind besonders willkommen.
Mögliche Themen sind:
- Eigenzeiten des Körpers im Kontext von Schwangerschaft, Pubertät oder Altern
- Beschleunigung und Verlangsamung bei Diagnosen, Schmerz, Chronizität
- Zeiterleben bei degenerativen Erkrankungen
- Vervielfältigung von Zeit durch Inkubation und Latenz
- Nachträglichkeit und flashbacks im Kontext von Traumata
- (Un)Gleichzeitigkeiten im Kontext von Erinnerungen oder Demenz
- Gestundete Zeit und Logik des Aufschubs, z. B. nach operativen Eingriffen
- Freiräume und Frei-Zeiten des Krankseins
- Prophylaxe, Nachsorge, eigenverantwortliches Zeitmanagement
- Zeit und Sterblichkeit
- Eigenzeiten von Verlust und Trauer
Der Workshop an der Freien Universität Berlin ist eine Kooperationsveranstaltung der AG Comicforschung (https://agcomic.net/) und des PathoGraphics-Forschungsprojekts an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien (www.fsgs.fu-berlin.de/pathographics). Er findet in deutscher und englischer Sprache statt. Referent*innen erhalten eine geringe pauschale Unterstützung für Reise- und Übernachtungskosten. Da eine Veröffentlichung ausgewählter Beträge geplant ist, bitten wir ausschließlich um Abstracts zu Vorträgen, die nicht schon für eine Publikation an anderer Stelle vorgesehen sind.
Wir freuen uns über deutsche oder englische Abstracts von 300 Worten und kurze biographische Angaben und bitten um Einsendung bis zum 1.9.2019 an Irmela Marei Krüger-Fürhoff, Stef Lenk und Nina Schmidt über pathographics@fsgs.fu-berlin.de.