CFP: Ut pictura medicina? Visuelle Kulturen und Medizin

Conference
University of Salzburg and the Mozarteum University
November 4–6, 2021
Stichtag: 15.12.2020

Über die traditionelle Verbundenheit von Kunst, Anatomie und Optik hinaus legen frühneuzeitliche Quellen einen breiten und komplexen interdisziplinären Wissenstransfer zwischen Kunst und Medizin nahe: Lorenzo Ghiberti beispielsweise differenzierte in seiner Empfehlung an die Künstler, sich neben „Anatomie“ zusätzlich mit „Medizin“ zu beschäftigen. Ein Aspekt dieser Beziehung betraf etwa die Aufgabe beider Disziplinen, die Merkmale eines bestimmten Menschen unter Berücksichtigung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten zu erfassen. Deshalb baten Ärzte Künstler um die Herstellung von Farbskalen für die Diagnostik, und umgekehrt bedienten sich Künstler medizinischen Wissens, um ihr visuelles Urteilsvermögen zu verbessern. Ein anderer Aspekt des Verhältnisses zwischen Kunst und Medizin betraf die historisch-sozialen Rahmen: Künstler und Ärzte teilten nicht nur den Heiligen Lukas als gemeinsam Schutzpatron, sondern in einer Stadt wie Florenz auch die gleiche Zunft und die Debatten um ihren ‚freien‘ Status innerhalb der Künste (artes). Damit verbunden ist eine vergleichbare historische Entwicklung ihrer disziplinären und sozialen Geschichte. Was können wir aus diesen vielschichtigen Beziehungen schließen? Erzeugte beispielsweise die Verpflichtung von Kunst und Medizin zur Beobachtung partikularer Phänomene Widersprüche zu traditionellen Doktrinen, die eine Neubewertung in Bezug auf Status, Autoritäten und Geschichte erfordert? Und wie hat das Modell der ‚Diagnose‘ – vor Giovanni Morelli – die Methoden und das Denken von Kennern und Kunsttheoretikern beeinflusst?

Die Tagung will die Beziehung zwischen Medizin und Kunst auf allen Ebenen befragen: Die soziale Stellung der Praktiker/innen, der Austausch von theoretischem und praktischem Wissen, geteilte Terminologien und Konzepte, und die mit letzterem verbundene Disposition zum Teilen von Methoden der Beobachtung und Beschreibung. Aufgrund des Interesses an den parallelen Etablierungsprozessen in Bildender Kunst und Medizin liegt der Fokus der Tagung auf der Frühen Neuzeit. Das Organisationsteam begrüßt jedoch auch Perspektiven aus dem Mittelalter und der Moderne.

Wir erbitten Vorschläge für Vorträge aus der Kunstgeschichte und ihren Nachbardisziplinen, insbesondere der Wissenschaftsgeschichte und der Geschichte der Medizin, bestehend aus Titel, Abstract (max. 1 Seite) und einem kurzen CV in englischer oder deutscher Sprache bis zum 15. Dezember 2020 an die Tagungsorganisation Robert Brennan (robert.brennan@sydney.edu.au), Fabian Jonietz (fabian.jonietz@khi.fi.it) und Romana Sammern (romana.sammern@sbg.ac.at). Aufwendungen für Anreise und Unterkunft werden den Vortragenden nach Möglichkeit erstattet; eine eventuelle Durchführung der Tagung in hybrider oder digitaler Form wird als Option eingeplant und zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.