CFP: Krankheitsbilder. Aufbrechen von Tabus in der deutschsprachigen Literatur

Publication
Anafora. Zeitschrift für Literaturwissenschaft - Sonderheft
Gastherausgeberin Sonja Novak (Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften Osijek)
Stichtag: 15.03.2021

Wer krank ist und liegt in der Noth
Und folgt nicht eines Arztes Gebot,
Der hab‘ den Schaden, der ihm droht! (Sebastian Brandt, Das Narrenschiff 1494)

Sowohl Krankheit als Phänomen als auch die künstlerische Darstellung von Krankheiten weisen eine lange Tradition der literarischen Bearbeitung auf. Allein in der deutschsprachigen Literatur findet man eine beträchtliche Anzahl kanonischer Texte, die Krankheit zum Thema haben. Neben Brandts Das Narrenschiff kann noch E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann genannt werden, Georg Büchners Woyzeck, Jeremias Gotthelfs Die schwarze Spinne oder Thomas Manns Tod in Venedig, um nur einen Bruchteil der Texte zu erwähnen, in denen Krankheiten in verschiedener Form als ein zentrales Thema bearbeitet wurden. Interessant ist außerdem, dass gerade zeitgenössische Autoren ein reges Interesse an Krankheiten wie Krebs, Alzheimer, Multipler Sklerose, Demenz, verschiedenen psychischen Störungen und Abhängigkeiten zeigen.

Krankheit ist eine körperliche, geistige oder psychische Störung, die an bestimmten akuten oder chronischen Symptomen erkennbar ist. Sie erscheint in literarischen Werken als Haupt- oder Nebenthema. Die stark vereinfachte Wörterbuchdefinition scheint der Komplexität des Wortes jedoch nicht Genüge zu tun, insbesondere wenn man die Vielzahl ihrer literarischen Funktionen in den erwähnten Texten bedenkt: von Manifestationen der moralischen Verdorbenheit über das ausbrechende Unbewusste im Individuum und die ersten Warnzeichen des bevorstehenden Untergangs bis hin zu Versuchen gesellschaftlicher Akzeptanz und Überwindung, verbunden beispielsweise mit dem Thema Freitod. Heute, inmitten der COVID-19-Pandemie, erhalten Krankheitsdarstellungen eine besondere Aktualität, und zwar nicht nur in den fiktiven Welten der Literatur, sondern auch im realen Alltag.

Aus diesen Gründen scheint es vielversprechend, die literarische (ggf. auch die szenische und visuelle bzw. grafische) Bearbeitung von Krankheit und Krankheitsbildern (inklusive Behinderungen) in verschiedenen Genres und auf unterschiedliche Weise zu untersuchen, und zwar ohne das Korpus der zu untersuchenden Texte zeitlich einzugrenzen. Die Zeitschrift Anafora der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften Osijek https://www.ffos.unios.hr/en/anafora möchte dem Thema daher unter dem Titel „Krankheitsbilder. Aufbrechen von Tabus in der deutschsprachigen Literatur“ im Jahr 2021 ein Sonderheft widmen. Dafür möchte der Call for Papers den Blick sowohl auf die lange literarische Tradition des Themas als auch auf zeitgenössische Bearbeitungen und den Einfluss neuester (literatur-)wissenschaftlicher Erkenntnisse richten.

Das Sonderheft der Zeitschrift Anafora 8.2(2021) stellt im Allgemeinen die Frage, wie Krankheit im breitesten möglichen Sinne in literarischen Werken des deutschsprachigen Gebiets dargestellt wurden und werden. Dabei sollen die folgenden Arbeitsanregungen nur der Orientierung dienen und schließen andere Themen nicht aus:

  • Analogien und Dissonanzen zwischen Darstellungen körperlicher und geistiger Krankheiten
  • Traditionen in der übertragenen Verwendung des Begriffes Krankheit
  • Krankheit und die veränderte Wahrnehmung der Zeit
  • Inklusion und Marginalisierung
  • Affirmative und subversive Wandlungen in der Darstellung von Krankheiten
  • Individuelle und kollektive Auffassungen von Krankheit
  • Darstellung von Überwindungsversuchen – von Heilmitteln bis hin zum Freitod

Beitragsvorschläge im Umfang von max. 500 Wörtern mit einer kurzen Biografie der VerfasserInnen (max. 100 Wörter) werden bis zum 15. März 2021 erbeten. Die Rückmeldung erfolgt bis zum 1. April 2021. Vollständige Beiträge im Umfang von 30.000 bis 50.000 Satzzeichen (inkl. Leerzeichen) werden bis zum 1. Juni 2021 erbeten, danach werden sie von zwei Rezensenten begutachtet. Als Zeitpunkt der Publikation des Sonderhefts ist Dezember 2021 geplant. Bitte schicken Sie Ihre Beiträge in einem Word-Dokument an anafora@ffos.hr

Sprachen der Beiträge: Deutsch, Kroatisch, Englisch, Ungarisch, Polnisch

Die Beiträge sollen im MLA-Stil geschrieben werden, entsprechende Hinweise sind unter dem folgenden Link zu finden: https://owl.english.purdue.edu/owl/resource/747/01/

Die Zeitschrift ist in folgenden Datenbanken zu finden: Hrčak, Erih Plus, Central and Eastern European Online Library (CEEOL), Directory of Open Access Journals (DOAJ)MLA International Bibliography, MLA Directory of Periodicals, EBSCO Host (Humanities Source Ultimate), Web of Science (Emerging Sources Citation Index), Scopus und Google Scholar.

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Die Redaktion der Zeitschrift und Gastherausgeberin Univ.-Doz. Dr. Sonja Novak