CFP: Queer Comics & Offener Themenbereich

Publication
CLOSURE: Journal for Comics Studies #12
Stichtag: 15.01.2025

Offener Themenbereich

CLOSURE wird in seiner zwölften Ausgabe erneut allen Facetten der Comicforschung ein Forum bieten. Von Kultur-, Bild- und Medienwissenschaften bis zu Sozial- oder Naturwissenschaften und darüber hinaus: CLOSURE setzt auf Aufsätze und fachwissenschaftliche Rezensionen, die den ›state of the comic‹ verhandeln. Ob Detailanalyse, Comic-Theorie oder innovative Neuansätze – für den offenen Themenbereich begrüßen wir möglichst vielseitige Beiträge aus dem interdisziplinären Forschungsfeld ›Comic‹.

Schwerpunkt: »Queer Comics«

Die Bildsprache des Comics bietet einzigartige Möglichkeiten, Geschlecht und Sexualität visuell darzustellen. Farben, Formen und Stile können eingesetzt werden, um genderfluide oder non-binäre Figuren und ihr Erleben zu repräsentieren. Medienspezifische Leerstellen verweigern sich einer fixierten und normierten Determinierung. Bereits auf formaler Ebene können Comic-Künstler_innen die Sequenzierung von Panels, Zeichen und Erzählsträngen experimentell umstellen, um non-lineare Erzählstrukturen zu schaffen und so diverse Identitäten in queeren Erzählungen widerzuspiegeln.

Während wir beim Lesen von Comics die Lücken zwischen den Panels schließen, bleiben diese entscheidend sichtbar und präsent – eine Verweigerung der Kontinuität, die queere Comics aufgegriffen haben, um »queere Zeitlichkeiten« (Halberstam) außerhalb normativer Zeitvorstellungen zu suggerieren.

Comics fordern von Leser_innen, aktiv an der Interpretation teilzunehmen, da sie nicht nur die Handlung verfolgen, sondern auch die visuellen Informationen interpretieren müssen. Diese Interaktivität ermöglicht es queeren Geschichten, subversiver zu sein, indem sie visuelle Andeutungen oder symbolische Darstellungen nutzen, die nur durch aktive Auseinandersetzung mit dem Comic erfasst werden. »Die Phänomenologie ist schließlich voller queerer Momente, Momente der Desorientierung« (Ahmed). Ausgehend von dieser Einsicht stellt sich die Frage: Wie stört und verändert die Medienphänomenologie der Comics unsere Wahrnehmung und Interpretation von Identitäten und Beziehungen?

Während zuerst vor allem die Gay Community seit den 1950ern in Publikationen von unabhängigen Verlagen oder im Selbstverlag thematisiert wurde, erweiterte sich die Szene durch u. a. die Stonewall riots von 1969 (Hall 2012). Queere Themen fanden ihren Ausdruck in Underground Comix. Eine Szene mit alternativen Lebensentwürfen schuf sich einen Raum, in dem Geschlechterrollen und Sexualität befragt wurden. Künstler_innen wie Howard Cruse (1944-2019), Herausgeber der Anthologie Gay Comix, brachten explizit queere Geschichten in den Fokus und schufen Raum für LGBTQ+-Narrative, die in Mainstream-Comics noch ein Tabu waren.

Seit den 2000er Jahren haben Webcomics und unabhängige Verlage viel dazu beigetragen, eine noch breitere Vielfalt an queeren Identitäten, Geschlechterrollen und Geschichten in die Comic-Welt zu bringen. In diesen Geschichten geht es nicht nur darum, queere Figuren zu zeigen, sondern sie auch als vollwertige Charaktere zu etablieren, die im Mittelpunkt stehen und deren Identität nicht nur ein Nebenmerkmal ist. Sichtbar sind Erzählungen über die queere Erfahrung früh im Bereich der Graphic Medicine, sowohl in aktivistischer und autobiografischer Form als auch zur gezielten gesundheitlichen Aufklärung (etwa Marbles von Ellen Forney 2012, Taking Turns von MK Czerwieck 2014 oder Pregnant Butch von A.K. Summers 2014).

Im Mainstream wurden queere Figuren seit Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend sichtbar, oft allerdings nur als Nebenfiguren oder in metaphorischen Kontexten. Aber auch dieser Umgang verändert sich. Ein Beispiel hierfür sind die Young Avengers, deren Charaktere Wiccan, Hulkling und America Chavez seit ihrem Einzug in das Universum 2005 zu den ersten prominenten LGBTQ+-Figuren bei Marvel gehören.

Diese Comics fordern sowohl gesellschaftliche Normen als auch Comic-Konventionen heraus, indem Queerness und Erzählungen ins Bild setzen. Ein Verständnis ihrer Wirkung erfordert die Untersuchung der Werke und der sie umgebenden Gemeinschaften. CLOSURE #12 lädt zur Einsendung von Beiträgen ein, die queere Repräsentation in verschiedenen Comic-Kulturen erforschen und dabei Schnittpunkte mit queeren Figuren, Formen und Narrativen untersuchen.

Mögliche Themen sind unter anderem:

  • Coming-out-Erfahrungen/Selbstfindung
  • Kämpfe gegen Diskriminierung und Zensur/Aktivismus
  • Comics über trans-, nicht-binäre oder gendernonconforming Identitäten
  • Leben in (nicht-)queeren Gemeinschaften
  • Queere Lesart non-queerer Comics
  • Queere Zeit- und Raumwahrnehmungen durch fragmentierte oder zirkuläre Formen?
  • queer time: Darstellung alternativer, nicht cis-heteronormativer Lebensentwürfe
  • Darstellung von Queerness in Comics für unterschiedliche Zielgruppen, etwa für Kinder, junge Leser_innen, young adults oder Erwachsene
  • Intersektionale queere Comics, etwa über queer crip, queer Black Identitäten
  • Queere self-help comics (wie etwa »Breathe: Journeys to Healthy Binding« Maya Kobabe, Sarah Peitzmeier, 2024)
  • Queere Comics im Schulunterricht/an der Hochschule
  • Queere Superheld_innen
  • Pädagogische oder aufklärende Comics über Queerness, zum Beispiel Queer: A Graphic History (Meg-John Barker, Jules Scheele 2016)
  • Queere und Trans Narratologie im Comic
  • Queere Ästhetiken und Formen

Bitte senden Sie Ihr Abstract zum offenen Themenbereich oder zum Schwerpunkt »Queer Comics« (max. 3000 Zeichen inkl. Leerzeichen) sowie eine kurze bio-bibliographische Angabe bis zum 15. Januar 2025 an: closure@email.uni-kiel.de. Die fertigen Beiträge (35.000-50.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) werden bis zum 01. Juni 2025 erwartet. Weitere Informationen zu CLOSURE sowie die bisherigen Ausgaben finden Sie unter: www.closure.uni-kiel.de.

Diese Ausgabe wird unterstützt mit Mitteln des Diversitätsfonds der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.