Tagungsbericht: Symposium zur Verabschiedung von Bernd Dolle-Weinkauff

Ein Gastbeitrag von Lukas Sarvari
Fotos: Anna Stemmann & Annika Ullmann

Am 27. Januar 2018 wurde Prof. Dr. Bernd Dolle-Weinkauff, der Ende des Wintersemesters 2017/18 in den  Ruhestand eintritt, mit einem Symposium in der Frankfurter Goethe-Universität geehrt. Seit 1989 als Kustos des Frankfurter Instituts für Jugendbuchforschung tätig, wurde er 2011 zum Honorarprofessor der Gesamthochschule Kecskemét (Ungarn) ernannt. Bis 2012 war er Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung (GKJF) und war 15 Jahre lang Mitherausgeber des Jahrbuchs Kinder- und Jugendliteraturforschung. Überdies ist Dolle-Weinkauff Gründungsmitglied der Gesellschaft für Comicforschung (ComFor) und Leiter des Comic-Archivs der Universität Frankfurt, der größten wissenschaftlichen Comic-Sammlung in Deutschland.
Diesem Arbeits- und Forschungsschwerpunkt gemäß fand das Symposium unter dem Titel „Comics. Eine Bestandsaufnahme: Archive – Sammlungen – Institutionen“ statt.

Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch Prof. Ute Dettmar, Direktorin des Instituts für Jugendbuchforschung, folgten zwei Vorträge über Comic-Sammlungen und -Archive im Ausland: Die Japanologin Prof. Jaqueline Berndt (Stockholms universitet) gab in ihrem Vortrag über „Materialprobleme der historischen Mangaforschung in Japan“ einen Überblick über die verschiedenen Sammlungs- und Forschungsinstitutionen in Japan. Als Problem wurde zum Beispiel deren Stellung im Spannungsfeld von Wissenschaft und Kommerzialisierung erörtert. Der Amerikanist Prof. Daniel Stein (Universität Siegen) bot anschließend eine historisch orientierte Ausführung über „Comic-Archive und die Konsolidierung der Comics Studies in den USA“. Er erläuterte unter anderem, wie die Geschichte der Comic-Sammlungstätigkeit amerikanischer Bibliotheken an den Prozess der kulturellen Aufwertung von Comics bzw. Graphic Novels geknüpft war. Anstelle des geplanten Vortrags von Prof. Stephan Packard (Universität zu Köln) über die „Veränderte Medialität und Materialität bei digitalen Comics“, der krankheitsbedingt ausfallen musste, folgte ein Beitrag von Dr. Felix Giesa (Universität zu Köln) über historische und aktuelle Beispiele für Kindheits- und Adoleszenzbilder im Comic. Besonders deutlich machte er, dass vor dem Paradigmenwechsel der 1960er Jahre keine primär auf die realistische Wiedergabe adoleszenter Lebenswelten abzielenden Comics existieren.

Die anschließende Podiumsdiskussion zur „Bestandsaufnahme der (Comic-)Archive“ versammelte eine Reihe einschlägiger Expertinnen und Experten: Carola Pohlmann, Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugendliteratur der Staatsbibliothek zu Berlin, sprach über die Herausforderungen und Schwierigkeiten des Bibliothekswesen im Umgang mit Comic-Sammlungen; Dr. Ole Frahm (Frankfurt a. M.) berichtete über die Entwicklung der Hamburger Arbeitsstelle für graphische Literatur (ArGL): ein ursprünglich studentisches Projekt, das über die Jahre verschiedene Sammlungsschwerpunkte gelegt hat und heute eine wichtige Anlaufstelle für die Comicforschung in Deutschland ist; Dominique Pètre, Kulturbeauftragte des Institut franco-allemand de sciences historiques et sociales (IFRA), gab einen Einblick in den frankophonen Raum, wo Comic-Institutionen wie Archive, Museen und Veranstaltungen in großer Vielfalt und fortgeschrittener Form existieren; Prof. Rembert Hüser (Universität Frankfurt) stellte die Sammlungstätigkeit des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft vor, das jüngst den Aufbau einer Videospiel-Mediathek sowie die Gestaltung neuer Räume zur Mediennutzung bewerkstelligt hat. Am Ende des Gesprächs wurde der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die Diskussion einen initiativen Impuls zur stärkeren Vernetzung von Sammlungs- und Archivinstitutionen im deutschsprachigen Raum geben könne.

Das Abendprogramm war geprägt von Laudationes auf Bernd Dolle-Weinkauff, in denen seine Arbeit als Sammlungsleiter, Forscher und Dozent gewürdigt wurde. Erinnerungen an Dolle-Weinkauffs Werdegang teilten sein Weggefährte Prof. Dietrich Grünewald (Unversität Koblenz-Landau), ComFor-Vorstandsmitglied Dr. Felix Giesa sowie Prof. Ute Dettmar, Anna Stemmann und Lukas Sarvari vom Institut für Jugendbuchforschung. Auch der Gründungsdirektor des 1963 eröffneten Instituts, Prof. em. Dr. Klaus Doderer, hielt eine Rede, in der er Dolle-Weinkauffs verdienstvolle Mitarbeit seit den 1970er Jahren ins Gedächtnis rief. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Werkstattgespräch mit dem Illustrator und Bilderbuchautor Ole Könnecke, der einige seiner Werke präsentierte sowie Fragen zu deren künstlerischen Produktionsprozess und die vielfältigen Einflüsse, die schwedische Comics auf seinen Stil hatten, beantwortete.

Für die rund 80 Teilnehmer und Gäste war das von Ute Dettmar, Anna Stemmann und Felix Giesa organisierte Symposium, eine gleichermaßen erkenntnisreiche wissenschaftliche Tagung, wie ein geselliges Zusammentreffen von zahlreichen ehemaligen und derzeitigen Kollegen und Studenten Bernd Dolle-Weinkauffs und nicht zuletzt eine gebührende Würdigung des renommierten Comic-Forschers.

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