CFP: „Wo wir hinschauen Ideenausschlachter“ – Die internationale und intermediale Thomas Bernhard-Rezeption

Conference
Düsseldorf
25. - 27. September 2019
Stichtag: 30.11.2018

2019 wird sich der Tod von Thomas Bernhard zum dreißigsten Mal jähren. Dieses Gedenkjahr soll den Anlass bieten, die künstlerische Nachwirkung von Bernhards Leben und Werk umfassend zu untersuchen. Diese ist bereits zu Bernhards Lebzeiten, erst recht aber in den drei Jahrzehnten seit seinem Tod, zu einem gleichermaßen internationalen wie intermedialen Phänomen geworden. In seinem Roman Korrektur (1975) lässt Bernhard die Figur Roithammer klagen: »unsere Idee wird aufgegriffen und schamlos ausgenützt, das beobachten wir immer wieder, wie eine Idee aufgegriffen und schamlos ausgenützt wird dann von Hunderten von Nachmachern«. Bezogen auf die Rezeption des österreichischen Autors scheint diese Tirade nicht einmal eine Bernhard-typische Übertreibung darzustellen, wenngleich sie das produktive Moment der vielfältigen Rezeptionsphänomene unterschlägt. Diverse deutschsprachige Autoren wie Rainald Goetz, Norbert Gstrein, Elfriede Jelinek, Gert Jonke, Werner Kofler, W.G. Sebald, Birgit Vanderbeke oder Moritz von Uslar standen bereits – so der Titel eines Aufsatzes von Uwe Betz im Thomas Bernhard Jahrbuch 2005/06 – mit mal mehr, mal weniger eindeutiger Beweislage ›unter Bernhard-Verdacht‹.  Die internationale Dimension der Bernhard-Rezeption belegen Texte von Horacio Castellanos Moya, Matias Enard, John Fosse, William Gaddis, Gabriel Josipovici, Imre Kertész, Barbara Markovic, Yasmina Reza oder Gemma Salem.  Die Geschichte der intermedialen Bernhard-Rezeption setzt bereits mit den Vertonungen des späteren Klägers im Holzfällen-Skandal, Gerhard Lampersberg, ein und setzt sich mit Kompositionen und Improvisationen von beispielsweise Lukas Haselböck oder dem Upper Austrian Jazz Orchestra fort, während im Bereich der Comic-Adaptionen vor allem Nicolas Mahlers Graphic Novels zu nennen sind. Kurz: Der ›Kontinent Bernhard‹, den ein 1995 von Wolfram Bayer herausgegebener Sammelband vermessen hatte,  ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Bernhard-Universum expandiert, dessen genauere Kartierung noch weitgehend ein Forschungsdesiderat darstellt.
Die künstlerisch produktive Bernhard-Rezeption soll im Interessenfokus der internationalen Tagung stehen, die vom 25.09 bis 27.09.2019 im Düsseldorfer Goethe-Museum stattfinden wird. Erbeten werden Beiträge zu Bernhards Person und seinem Werk in der Literatur, aber auch in anderen Künsten und Medien wie dem Theater, dem Hörspiel, der Musik, dem Film, der bildenden Kunst und dem Comic.

Denkbar sind u.a. die folgenden Themen:

  • Die produktive Rezeption von Thomas Bernhards Werk in der Literatur, wobei das Spektrum von stilistischen Anleihen bis zu Parodien, Überarbeitungen und Übersetzungen reichen kann. Bei einigen Autoren, wie etwa Hermann Burger, W.G. Sebald oder Andreas Maier, wird der intertextuelle Bezug zudem durch eine essayistische, literaturkritische oder  wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bernhards Werk flankiert.
  • Die Literarisierung von Bernhards Person in der Belletristik, die bereits in Bernhards eigenem Werk mit dem Dramolett Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen (1990) einsetzt und beispielsweise mit Alexander Schimmelbuschs Roman Die Murau Identität (2014) fortgesetzt wurde.
  • Bernhard-Übersetzungen, die aufgrund der stilistischen Eigenheiten des Autors die Übersetzer vor große Herausforderungen stellen und, wie das Beispiel des norwegischen Schriftstellers John Fosse zeigt, in literarischen Texten der Übersetzer eine produktive Wirkung entfalten können.
  • Die theatrale und performative Rezeption von Bernhards Texten auf dem Theater, die sich in zunehmendem Maße nicht nur auf Bernhards Theaterstücke beschränkt, sondern auch auf Dramatisierungen von Prosatexten wie Alte Meister (1985) ausgreift, so dass durch den Gattungswechsel das produktive Moment hervortritt.
  • Biographische und dokumentarische Darstellungen von Bernhards Person und seinen Lebensumständen, die aus den unterschiedlichsten Perspektiven von Freunden, Weggefährten und Nachbarn (z.B. Wieland und Erika Schmied, Karl Ignaz Hennetmair, Johann Maxwald) verfasst wurden und auch fotografische und filmische Portraits (z.B. von Sepp Dreissinger und Krista Fleischmann) einbeziehen.
  • Die Bernhard-Rezeption in den unterschiedlichsten Künsten und Medien, die insbesondere vor dem Hintergrund der stark ausgeprägten Intermedialität von Bernhards Texten zu untersuchen wäre. Zu nennen sind beispielweise Nicolas Mahlers Graphic Novels Alte Meister (2011) oder Der Weltverbesserer (2014), aber auch Friedrich Cerhas Komposition Requiem für Hollensteiner (UA 1984, nach Gehen).

Dem interdisziplinären Fokus der Tagung entsprechend sind nicht nur germanistische Beiträge, sondern auch Beteiligungen aus benachbarten Philologien und Fächern wie der Theater- und Musikwissenschaft, den Medien- und Kulturwissenschaften sowie der Kunstgeschichte ausdrücklich willkommen. Besonders freuen wir uns, dass wir bereits im Vorfeld Frau Prof. Dr. Monika Schmitz-Emans und Dr. Martin Huber als Beiträger für unsere Tagung gewinnen konnten. Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen. Wir planen, Reise- und Unterbringungskosten zu übernehmen; hier stehen die Ergebnisse der Drittmitteleinwerbung noch aus.
Themenvorschläge in Form von Exposés im Umfang einer Seite für 25-minütige Vorträge sowie eine Kurzvita werden bis zum 30.11.2018 per Email erbeten an: Dr. Florian Trabert (trabert@phil.hhu.de) oder Robin-M. Aust, M.A. (raust@phil.hhu.de)

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