Comicgesellschaft

Daniel Stein: Unzuverlässiges Erzählen in Comicserien

Roundtable zum Unzuverlässigen Erzählen 4

Soviel ist klar: Comics erzählen – mit wenigen Ausnahmen – Geschichten, und sie tun dies seit über einem Jahrhundert äußerst erfolgreich. Und auch wenn das Format des Zeitungscomics, das man als Geburtsstätte des modernen Comic Strip bezeichnen könnte, inzwischen vom Aussterben bedroht scheint, erfreuen sich neue Publikationsformate wie die Graphic Novel der wachsenden Beliebtheit immer heterogenerer Leserschichten. Comics, das kann man mit einiger Sicherheit feststellen, unterliegen seit geraumer Zeit immensen Kanonisierungsprozessen. Oder besser gesagt: sie nehmen an diesen Kanonisierungsprozessen Teil, indem sie sich in die Kulturgeschichten einzelner Länder sowie in unser Verständnis globaler Kulturproduktion einschreiben. In den USA werden Comics spätestens seit der Veröffentlichung von Art Spiegelmans zweibändiger Holocaust-Erzählung Maus (1986/1991) als wichtiger Bestandteil des nationalen Kulturerbes gehuldigt; in Frankreich und Belgien werden bande dessinées schon seit Jahrzehnten als neunte Kunst gehandelt. In Deutschland haben Feuilleton und Wissenschaft ihren Gefallen an der grafischen Literatur gefunden, und weltweit gehören die ursprünglich aus Japan stammenden und vermehrt global produzierten Manga zu den meistgelesenen Printpublikationen. Weiterlesen

Elisabeth Klar: Die Relevanz der unzuverlässigen Erzählinstanz im Comic

Roundtable zum Unzuverlässigen Erzählen 3

Gibt es Erzähler_innen im Comic?

Dass Erzählen im Comic stattfindet, dass Comics folglich zumeist narrativ sind und anhand narratologischer Fragestellungen analysiert werden können (Erzählzeit, Fokalisation usw.), trifft auf einen breiten Konsens. Ich folge hier Martin Schüwer allerdings insofern, als er beim Comic eher von einer „Wahrnehmungsillusion“ denn von einer „Erzählillusion“ spricht (2008: 389), und schließe mich damit seiner Trennung zwischen dem Erzählen an sich und der Erzählinstanz (der Illusion einer Erzählstimme) an. Bei der Erzählinstanz stimme ich Schüwer auch insofern zu, dass diese im Comic hauptsächlich (nicht ausschließlich) über verbale Mittel (z.B. Blocktexte) eingeführt wird. Die Erzählinstanz ist in einem Comic jedoch nicht unbedingt relevant und wird als solche von Lesern_innen auch nicht unbedingt wahrgenommen oder beachtet. Sie muss erst aktiv über textuelle Signale für Rezipienten_innen kenntlich gemacht werden. Gibt es aber ohne eine von Lesern_innen wahrgenommene Erzählinstanz auch eine_n unzuverlässige_n Erzähler_in? Es stellt sich hier auch die Frage, was unter einem_r unzuverlässigen Erzähler_in überhaupt zu verstehen ist. Geht es um moralische Werte, um das Involvement der erzählenden Figur in die Geschichte oder um eine inkorrekte Repräsentation der fiktiven/ realen Welt? Oder aber geht es um narrative Inkongruenzen? (siehe hier auch Ferenz 2008: 17-44). Weiterlesen

Dietrich Grünewald: Erzähler und Erzählen in der Bildgeschichte

Roundtable zum Unzuverlässigen Erzählen 2

Dass Bildgeschichten – in allen ihren Variationen – etwas vermitteln, entspricht ihrer Aufgabe und begründet ihre Existenz. Ob das mit „Erzählen“, wie es in der Erzählforschung verstanden und umschrieben wird, übereinstimmt, ist damit nicht selbstverständlich gegeben und muss vom Gegenstand aus (Bildgeschichte im Vermittlungsprozess) weiterhin geklärt werden.

Erzählen, ahd. arzellan, irzellan, mhd. erzeln, erzellen (Grimmsches Wörterbuch, Bd. 3, Sp. 1077), bezieht sich auf das mündliche Erzählen, meint sowohl die Mitteilung im Gespräch als auch den Vortrag. Der mündliche Erzähler berichtet, schildert, beschreibt und sucht möglichst anschaulich bei seinen lauschenden Zuhörern Vorstellungsbilder im Kopf entstehen zu lassen. Er kann sich dabei von Bildern (Illustrationen) unterstützen lassen, die die Wirkung und Lebendigkeit des Erzählten verstärken aber auch verändern oder gar mindern können, wie das Rafik Schami und Peter Knorr in Der Wunderkasten (1990) trefflich gezeigt haben. Wesentlich scheint mir: der Erzähler gibt eine Rückschau, berichtet von einem Geschehen, das er erlebt hat, von dem er vorgibt, es erlebt zu haben, von dem er gehört hat (er berichtet also einen selbst gehörten Bericht), das den Anspruch auf Wahrheit erhebt, das tatsächlich wahr (wenngleich aus subjektiver Sicht berichtet) ist, das fiktiv ist (und auch so von den Zuhörern wahrgenommen wird). Weiterlesen

Burkhard Ihme: Der unzuverlässige Erzähler

Roundtable zum Unzuverlässigen Erzählen 1

Die Frage nach dem unzuverlässigen Erzähler begleitet mich schon seit Jahrzehnten, und meine langjährigen wissenschaftlichen Forschungen haben ergeben: Der Erzähler im Comic ist IMMER unzuverlässig. Hier der Beweis:

Zwischen_1

Die Bilder lassen sich durch Anklicken vergrößern.

Zwischen_2

Burkhard Ihme: Beitrag für die INC-Ausstellung „Die vierte Dimension“ 1998 in Hamburg. Was zwischen den Panels passiert, wird der Comicleser nie genau erfahren.

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Roundtable zum Unzuverlässigen Erzählen im Comic

Die Frage nach der Erzählinstanz in den Comics ist eine verzwickte und wird bereits seit geraumer Zeit teilweise vehement diskutiert. Dabei reichen die vorgetragenen Positionen von der Behauptung, im Comic könne von einem identischen Erzähler wie in der schriftsprachlichen Literatur ausgegangen werden bis hin zu der Feststellung, im Comic gäbe es überhaupt keinen Erzähler.

In einer internen Diskussion einzelner ComFor-Mitglieder zum unzuverlässigen Erzählen in den Comics, wurden diese virulenten Fragen erneut aufgegriffen und teilweise kontrovers diksutiert. Um diese Debatte nicht im internen Listenverteiler der Gesellschaft verschwinden zu lassen, wurden einige Diskutanten gebeten, ihre Positionen in Form eines Roundtable gegeneinander vorzubringen. Dabei sind fünf Essays herausgekommen, die wir in den kommenden fünf Tagen auf unserer Homepage veröffentlichen werden. Weiterlesen

Redaktionswechsel II: Das neue Team stellt sich vor

Angst vor dem völligen Zusammenbruch? Möglicherweise zu Recht! Denn abgesehen von der Rezensionsredaktion bekommen Sie, liebe Leser, es mit einem komplett runderneuerten Redaktionsteam zu tun.

Statt alles neu macht der Mai gibt es viel Geänder ab November, was sich zunächst darin ausdrückt, dass den alten Hasen um Stephan Packard, Ralf Palandt und Felix Giesa nun fünf Neulinge als Betreuer dieser Homepage folgen. Weiterlesen

Redaktionswechsel: Das alte Team verabschiedet sich

Seit der Mitgliederversammlung in Freiburg Ende September hat ein neues Redaktionsteam die Betreuung dieser Seite Stück für Stück übernommen: Wenn Sie davon im täglichen Betrieb nichts gemerkt haben, hat das funktioniert; umso mehr werden Sie sicher in nächster Zukunft von den neuen und frischen Ideen und Projekten der nächsten Redaktion merken.
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Nachlese: Medienecho zur Jahrestagung "Comics und Politik"

Die 7. Jahrestagung der Gesellschaft für Comicforschung „Comics und Politik“, die im September in Freiburg stattfand, hat sich in lokalen und übergreifenden Medien in verschiedener Weise niedergeschlagen. Hier ein kleiner Überblick über einige der Berichte — was haben wir übersehen? Weiterlesen